Business and Human Rights Young Researchers Summit 2017

Unternehmen und Menschenrechte - eine neue Entwicklung

Rachel Chambers und Ludovica Chiussi

Mit der zunehmenden Reife des Themas Wirtschaft und Menschenrechte und den immer differenzierteren Forschungsprojekten gewinnt das Zusammenführen verschiedener Fäden und die interdisziplinäre Zusammenarbeit stetig an Bedeutung.

Aufbauend auf dem Erfolg der Veranstaltung von 2016 fand der zweite Business and Human Rights Young Researchers Summit vom 6. bis 8. April in St. Gallen, Schweiz, statt. Neue Teilnehmende, neue Beiträge, aber derselbe Antrieb: eine interdisziplinäre Diskussion zwischen einer Gruppe von Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen im Bereich Wirtschaft und Menschenrechte zu initiieren.

Dank der gut etablierten Partnerschaft zwischen dem Institut für Wirtschaftsethik der Universität St.Gallen, dem NYU Stern Center for Business and Human Rights und dem Business and Human Rights Journal kamen fünfzehn Doktorandinnen und Doktoranden sowie Postdoktorierende aus diversen Regionen der Welt zusammen, um ihre Forschungsprojekte auszutauschen und zu diskutieren.

Die vorgestellten Arbeiten, die von den Wirtschaftswissenschaften über die Rechts-, Sozial- und Geisteswissenschaften bis hin zur Betriebswirtschaftslehre reichten, befassten sich mit Schlüsselthemen in diesem Bereich: so z. B. regionale Perspektiven der Unternehmenshaftung, menschenrechtliche Sorgfaltspflicht gegenüber Unternehmenspraktiken sowie Paradigmen der gemeinsamen Verantwortung von Staaten und Wirtschaftsakteuren.

Die Debatte, die durch das interaktive Format des Seminars bereichert wurde, führte zu einer langen Liste von Erkenntnissen und Herausforderungen. Aus Platzgründen können wir nur einige davon nennen:

  • Es bedarf eines wirksameren Dialogs zwischen den wirtschaftlichen Akteuren und den normativen Strukturen, die sie auf internationaler, regionaler und nationaler Ebene unterstützen. Welche Partnerschaftsmodelle zwischen Wirtschaft und Staat können zu einer wirksamen Umverteilung der Verantwortung beitragen und gleichzeitig eine gefährliche Volatilität des Inhalts der Menschenrechte vermeiden?
  • Das Engagement mehrerer Interessengruppen dient als legitimierende Kraft, dabei müssen aber alle Akteure im Prozess der Festlegung und Durchsetzung von Standards "sichtbar" sein. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um Unternehmen handelt, die in von Konflikten betroffenen Regionen oder in besonderen Kontexten wie dem von Mega-Sportveranstaltungen tätig sind.   
  • Wirksame Umsetzungs- und Einhaltungsmechanismen erfordern einen systemischen Ansatz für rechtliche Dilemmata wie das der Gerichtsbarkeit sowie eine stärkere Betonung der Regulierung, die auf die Verhinderung von unternehmensbezogenen Menschenrechtsverletzungen und eine Politik der guten Unternehmensführung abzielt. Sie können auch die Neukonzipierung bestimmter rechtlicher Ansätze erfordern, z. B. eine unternehmerische Verpflichtung zur Rettung, die für Pharmaunternehmen gilt, wenn sie ursächlich zu dem Schaden beitragen, vor dem "Rettung" nötig ist.
  • Der besondere Fokus auf die Reaktion auf die Katastrophe von Rana Plaza in zwei der Präsentationen entfachte - nur wenige Tage vor dem vierten Jahrestag des Einsturzes der Fabrik - eine Debatte über das "Accord" und die "Alliance" und bot mögliche Erklärungen für deren mangelnde Wirksamkeit.
  • Es bleiben einige heikle Fragen offen, z. B. welche Rolle, wenn überhaupt, eine menschenrechtliche Sorgfaltspflicht spielt, wenn eine konsultierte Gemeinschaft ein geplantes Unternehmensprojekt wie eine Mine rundweg ablehnt? Ist sie unter diesen Umständen ein geeignetes "Instrument" oder kann sie nur zu fragwürdigen Zwecken eingesetzt werden, nämlich um die Meinung der Gemeinschaft zu ändern?
  • Die Interdisziplinarität des Bereichs Wirtschaft und Menschenrechte bringt es mit sich, dass die Akteure und Disziplinen unterschiedliche Terminologien und Kriterien verwenden. 

Das Gipfeltreffen bot eine einzigartige Gelegenheit, interdisziplinäre Ansätze durch einen Prozess der kritischen Bewertung und Reflexion der Arbeit anderer aufstrebender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in diesem Bereich zu fördern. 

Wir glauben, dass dieser zweite Gipfel bereits einen bedeutsamen Trend in dieser anspruchsvollen - und doch faszinierenden - Disziplin markiert, und wir sind sicher, dass sich dieser Trend durch künftige Gipfeltreffen und die laufende Zusammenarbeit der Gipfelteilnehmer fortsetzen wird.

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