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Podcasts - 10.06.2025 - 14:48 

Podcast "Corporate Therapy" - die Ethik im Taumel: Unternehmen zwischen Moral und Methode

Thomas Beschorner hatte das grosse Vergnügen, im Corporate Therapy Podcast in der Folge #133 mit den Hosts Mary-Jane Bolten und Human Nagafi zu diskutieren. Es ging um allerlei, allen voran natürlich um (Wirtschafts)Ethik und die Frage, wie diese kritisch und zugleich praktisch sein/werden kann.
Foto von Jonathan Velasquez auf Unsplash

Ist Wirtschaftsethik ein Widerspruch in sich oder eine tiefe Notwendigkeit für zukunftsfähige Unternehmen?  Professor Dr. Thomas Beschorner, Leiter des Instituts für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen, bietet in diesem aufschlussreichen Gespräch neue Perspektiven auf die Verbindung von ethischem Handeln und unternehmerischem Erfolg.

Mit pointierter Kritik distanziert sich Beschorner vom weit verbreiteten "Business Case for Corporate Social Responsibility", den er provokant als „Win-Win-Wonderland“ bezeichnet. Statt einer rein nutzenorientierten Sichtweise verfolgt er einen kulturalistischen Ansatz: Er schaut auf die gelebte Praxis innerhalb von Organisationen und fragt: „Welche moralischen Orientierungen sind dort bereits vorhanden?“ Diese Herangehensweise eröffnet ein realistischeres Verständnis davon, wie Ethik in Unternehmen tatsächlich wirkt – inklusive aller Ambivalenzen und Spannungsfelder.

Besonders spannend sind Beschorners Beobachtungen zum vorherrschenden Menschenbild in Unternehmen. Werden Mitarbeitende primär als kontrollbedürftig oder eigennützig gesehen, entstehen oft kostenintensive Kontrollsysteme und extrinsische Anreize – während intrinsische Motivation ungenutzt bleibt. Die hohe Zahl innerlich gekündigter Beschäftigter zeigt deutlich die Schwächen dieses Menschenbilds auf. Beschorner plädiert für partizipative Strukturen, die nicht nur ökonomisch sinnvoll sind, sondern auch Selbstwirksamkeit stärken – mit positiven Effekten bis in die demokratische Gesellschaft hinein.

Mit Konzepten wie der „polylingualen Organisation“ und der „Multirationalität“ zeigt er, dass Unternehmen lernen müssen, mehr als nur die ökonomische Sprache zu sprechen – etwa auch rechtliche, technische und ethisch-wertbezogene. Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Polarisierung, in denen ethische Errungenschaften auf dem Spiel stehen, ist dies von zentraler Bedeutung.

Wer sein Unternehmen zukunftsfähig gestalten will, findet in diesem Gespräch wertvolle Impulse – um ethisches Handeln nicht als bloßes Lippenbekenntnis zu verstehen, sondern als gelebte Praxis, die echten Wandel ermöglicht. Reinhören lohnt sich – und kann ein Ausgangspunkt für nachhaltige organisationale und gesellschaftliche Entwicklung sein.

 

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